Ein Blick auf Materialien für den Kompetenzbereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ zeigt, dass es von Königen und Prinzessinnen nur so wimmelt. Unterrichtseinheiten tragen vielversprechende Titel wie „„Grammatik mit Superhelden und Piraten: Die vier Fälle“ (Martini 2016) oder „Der fußballbegeisterte kleine Drache“ aus der sogenannten „Fußballgrammatik“ (Alber 2017). Als Lehrkraft stellt sich angesichts der Fülle des Angebots die Frage, wie man den Überblick behalten kann und welchen unterrichtspraktischen Nutzen metaphorische und erzählerische Verfahren im Kompetenzbereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ eigentlich haben.

Im Laufe des vergangenen Jahres habe ich mich mit verschiedenen Student*innen und Kolleg*innen mit den Angeboten auseinandergesetzt. Um den unterrichtspraktischen Nutzen einschätzen zu können, kann man sich als Lehrkraft die folgenden Fragen stellen:
- Kenne den Gegenstand aus fachlicher Perspektive: Wie wird er definiert? Welche Aspekte sind unstrittig, welche strittig? Dieses Wissen bildet die Grundvoraussetzung, um den Einsatz eines Konzeptes oder eines Materialpakets abwägen zu können.
- Wird der Gegenstand auch in der Fachliteratur metaphorisch dargestellt? Viele Gegenstände sind bereits in der Fachliteratur mithilfe von Metaphern strukturiert. Ein Beispiel dafür ist das Feldermodell des deutschen Satzes, das wesentliche Eigenschaften des Satzbaus im Deutschen illustriert.
- Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden in der Didaktisierung erkennbar? Diese Frage lässt sich am Feldermodell beispielhaft zeigen: Das Feldermodell zeigt auf, dass das finite Verb im Deutschen an der zweiten Position steht, die anderen Wortgruppen recht frei verschiebbar sind. Wenn man ein Modell aussucht, sollte man darauf achten, dass genau diese Eigenschaften auch deutlich werden.
- Wird die wichtigste Eigenschaft des Gegenstandes durch das Verfahren betont oder verschleiert? Um die Frage zu klären, muss ich wissen, was meine Lernenden am Gegenstand erkennen/lernen sollen. Wenn ich ein Konzept wähle, dass beispielsweise auf Figuren aus Märchen zurückgreift, sollte ich mich fragen, inwieweit die Figuren zu einem Verständnis der Eigenschaften des Gegenstandes beitragen oder eher verkomplizieren. Das Verb als König zu illustrieren scheint sinnvoll, da es einige „Macht“ über andere Satzglieder ausübt und auch kein weiteres finites Verb neben sich dudelt. Das Konzept Kasus als Pirat darzustellen, scheint weniger nahliegend zu sein, denn Kasus und Piraten teilen keine offensichtlichen Eigenschaften.
- Welche Termini werden in der Fachliteratur benutzt? Nutzt man Erzählungen oder metaphorische Strategien, braucht man in der Regel noch mehr Bezeichnungen, die gelernt werden müssen. Lohnt der Mehraufwand an Benennungen?
- Sollen diese oder andere Termini in der Schule benutzt werden? Welche Termini werden in den an der Schule genutzten Lehrwerken eingesetzt? Gibt es Verabredungen in der Fachkonferenz?
- Trägt die Metaphorik/ die Narration auch über die Stunde/die Einheit hinaus? Wenn man lediglich eine Eigenschaft des Gegenstandes durch das Verfahren erkennen kann, trägt es vermutlich nicht sehr lange, bevor eine andere Erzählung eingeführt werden muss. Das bedeutet einen erheblichen Aufwand für Schüler*innen und Lehrer*innen.
- Sind Konfusionen wegen anderer eingesetzter Konzepte zu erwarten? Zu viele Prinzessinnen und König*innen können zu Verwirrungen bei den Lernenden führen. Weniger ist vermutlich mehr 🙂
- Wie reagiert die Lerngruppe auf narrative Verfahren? Nicht jede Lerngruppe interessiert sich gleichermaßen für Piraten, Drachen oder Fußball. Vielleicht sind neutrale Visualisierungen, wie die Formen aus der Montessori-Pedagogik, passender?
Der Fragenkatalog wirkt umfangreich. Dennoch lohnt es sich, gerade zu Beginn der Tätigkeit als Lehrkraft, Sprache und sprachliche Mittel im Grammatikunterricht sorgsam zu prüfen, um ein konsistentes und langfristig tragfähiges Lernen zu ermöglichen.