
Rückblick Frühjahr 2020: Dieses Sommersemester wird sich deutlich von den Semestern unterscheiden, die Sie und ich bisher an der Uni erlebt haben. Statt gemeinsam in einem Raum zur selben Zeit über Sachverhalte zu diskutieren und sich zusammen Wissen zu erarbeiten, ist in diesem Sommersemester 2020 scheinbar jede_r auf sich allein gestellt. Das ist eine Herausforderung für Lernende und Lehrende, der wir uns stellen müssen. Vielleicht liegt aber auch eine kleine Chance in dieser ungewohnten Situation: Altbekannte Verfahren des Dozierens an der Uni funktionieren plötzlich nicht mehr und verkrustete Strukturen brechen auf.Dieser Blog ist ein Versuch, Lernen unter diesen besonderen Umständen möglich zu machen. Vieles ist improvisiert, experimentell, neu und deshalb sicherlich manchmal seltsam, anstrengend und hürdenreich.
Als ich im Winter 2020 eine Übung zum Thema Flipped Classroom und Grammatikunterricht konzipiert habe, war mir noch nicht klar, wie schnell die Realität mich überholen würde. Was als Übung gedacht war – digitale Lernformate zu erproben – musste von jetzt auf gleich unter realen Bedingungen funktionieren.
Nach zwei Coronasemestern kann ich jetzt im März 2021 eine Bilanz ziehen. Die fällt sehr gemischt aus: Ich vermisse den ungezwungenen Austausch mit den Studierenden, ich hänge beim Lehren oft in der Luft, weil mir Gestik und Mimik meiner Studierenden fehlen. Ich kann oft nicht gut einschätzen: Langweile ich? Überfordere ich? Ist das Tempo zu hoch, zu langsam, die Inhalte spannend oder öde? Kommt es an, was ich sagen möchte? Herrscht eine konzentrierte Atmosphäre oder sind die Gedanken ganz woanders?
Andererseits: Vieles klappt erstaunlich gut. Insbesondere das Umstellen der Lernabläufe hat sich als sehr sehr hilfreich herausgestellt. Ein entscheidender Impuls ging hierbei vom Konzept des flipped classroom aus. Was ist das? Vereinfacht gesagt werden beim Unterricht mit diesem didaktischen Ansatz die reinen Lerninhalte nach Hause verlegt. Die anspruchsvolle Anwendung dieser Lerninhalte in Form von Übungen und Aufgaben erfolgt dann gemeinsam mit dem Lehrenden. Das stellt das traditionelle Bild von Unterricht auf den Kopf, bei dem das Wissen in der Schule „gelernt“ wird und die Schülerinnen allein zu Hause versuchen, das Gelernte bei den Hausaufgaben anzuwenden. Dass das häufig nicht gelingt, ist offensichtlich.
Für meine Seminare hat das im Coronasemester bedeutet, dass die Studierende sich Lernvideos angesehen und Literatur studiert haben. Mit diesem Wissen sind Sie dann zur digitalen Seminarsitzung gekommen und gemeinsam haben wir geschaut, wie sich die Inhalte auf Aufgaben anwenden lassen. Durch die gemeinsame Arbeit in Kleingruppen konnten Verständnisfragen schnell geklärt werden und ich konnte bei Bedarf das ein oder andere klarstellen, dass aus dem Material zur Vorbereitung nicht gut hervorging. Tatsächlich waren die Ergebnisse der Klausur deutlich besser als in den vergangenen, „normalen“ Durchgängen!
Daher werden sich die nächsten Beiträge um das Konzept flipped classroom drehen! Wir wollen schauen, ob es sich auch für die Schule eignet, was man beachten sollte und wo das Konzept an seine Grenzen stößt.
Schreibt gern in die Kommentare, welche Erfahrungen ihr sammeln konntet! Viel Spaß und liebe Grüße ❤